Sie sagen immer, die Hoffnung sterbe zuletzt. Die Klimakrise ist unaufhaltbar, der Faschismus genießt einen festen Würgegriff um unsere Gesellschaft und in Palästina stirbt jeden Tag die Menschlichkeit – die Hoffnung liegt begraben unter der Erde und wir alle, von Aktivist:innen des globalen Nordens über die Sozialdemokratie Europas bis zu Lesekreismarxist:innen an unseren Unis, halten lächelnd noch die Spaten. Denn wir haben versagt, alle zusammen.
Ich erinnere mich noch, als ich mit 13 Jahren das erste Mal an einer Klimademo war, alleine die Anzahl der Menschen, die sich an einem random Freitagnachmittag in einer ländlichen Kleinstadt versammelten, um für das Richtige einzustehen, war überwältigend. Mit Glitzern in den Augen erinnere ich mich an dieses magische Gefühl der Hoffnung, ich sah damals noch das Licht am Ende des Tunnels und war von unserem Sieg überzeugt. Heute, nach hunderten Demos, tausenden Sitzungen, dutzenden Tränengaseinsätzen und einer stetigen Radikalisierung, musste ich anerkennen, dass das Licht ein Zug ist, der uns demnächst auf den Wänden des Tunnels verteilen wird.
Manch eine:r würde diese Perspektive als pessimistisch bezeichnen, nüchtern müssen wir aber einen anderen Begriff benutzen: Realismus. Wenn wir um uns herumschauen, dann stellen wir fest, dass unsere Gesellschaft bei einer völligen moralischen Apathie angelangt ist und zumindest mir fällt es zuteilen schwer zu glauben, dass diese Menschen überhaupt befreit werden wollen. Dieser Umstand macht mir Angst, Angst vor dem, was ist und Angst vor dem, was kommen wird.
Resignieren dürfen wir aber dennoch nicht. Wer mit den Privilegien des globalen Nordens ausgerüstet ist, auch wenn viele von uns natürlich dennoch marginalisiert und prekarisiert sind, hat, egal wie wenig Hoffnung uns die Umstände gewähren, schlichtweg nicht das Recht aufzugeben. Das Wissen, dass wir verloren haben, gibt uns nämlich noch lange keinen Anlass aufzuhören – wir sind in unserer Menschlichkeit dazu verdammt, für ein Morgen zu kämpfen, dessen Dämmerung wir wohl selbst niemals erleben werden.
Autor*inn
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Noctua Rosa Moser (-)
Mein Name ist Noctua, ich benutze keine Pronomen und ich lebe in Zürich – meine Mitmenschen beschreiben mich als müde, unsozial, aber dennoch liebenswert. Ich würde ein anderes Wort wählen: Elend. Wann immer ich spreche, verkriecht sich die Lebensfreude in einen dunklen Winkel, an den meisten Tagen fühle ich mich wie eine Fliege, zertrümmert zwischen Küchenfenster und Hand, noch nicht ganz tot, doch auch nicht lebendig. Wir haben uns eine Welt geschaffen, in der Kultur eine Ware, Liebe eine Dienstleistung und das Leben einzig ein Mittel zur Profitmaximierung ist; eine Welt, in der wir der kapitalistischen Ideologie unterworfen sind. In dieser Kolumne werden wir das unvollständige Leiden, den unstillbaren Durst und das unendliche Geschrei, welche diese Ideologie mit sich bringt, behandeln. Text für Text und Monat um Monat werden wir gemeinsam leiden, trinken und schreien – wenn schon nicht aus Hoffnung, dann wenigstens aus Trotz.